Unabhängigkeitserklärung

- vom Überkonsum -

Wir alle sind Konsumenten. Jeder Mensch entnimmt der Mitwelt Nahrung und gibt ihr verbrauchte Stoffe zurück. Aber Überkonsum heißt mehr zu nehmen, als wir vernünftigerweise gebrauchen können - und mehr als womit uns die Mitwelt versorgen kann. Überkonsum ist zu unserem "way of life" in den USA geworden. Wir setzen unser Vertrauen in MEHR, aber es gibt kein Genug; wie sind heute nicht glücklicher als vor 40 Jahren, als es weniger Autos gab und kleinere Häuser und als Videorecorder, Mikrowellen und Computer noch nicht einmal existierten. Schlimmer noch, unser Lebensstil, aus welchem unser soziales Gefüge geknüpft ist und zum Netz unserer Lebenszusammenhänge wurde, ist zum Vorbild für einen großen Teil der Welt geworden.
Wie Robert Muller, stellvertretender Generalsekretär der Vereinten Nationen sagt: "Der eine höchst wichtige Beitrag, den jeder von uns dem Planeten liefern kann, ist die Rückkehr zur Genügsamkeit."

Überkonsum ist eine wachsende Katastrophe:

Sowohl Menge als auch Art des Konsums definieren unseren individuellen Einfluss auf die Mitwelt. Mit einer steigenden Weltbevölke-rung und den Aussichten auf mehr, bessere und differenziertere Güter testet die Menschheit die Belastungsfähigkeit des Planeten aus. Jeder Überkonsument ist verantwortlich; wir müssen bereit sein, dieser aufkommenden Katastrophe ins Gesicht zu sehen.

Überkonsum ist eine Katastrophe für uns selbst:

Die Frage nach der Lebensqualität stellen. Unsere Angewohnheit des Überkonsums versklavt uns dazu mehr langweilige und moralisch fragwürdige Arbeit zu tun. Wir sagen zwar, wir würden Beziehungen wichtiger nehmen als Besitz, aber unser Handeln straft uns Lügen. Im gleichen Maße, wie wir weniger Zeit für unsere Familien und Gemeinwesen haben, steigen Verbrechen, Gewalt und die Selbstmordziffer junger Menschen.

Überkonsum ist eine Katastrophe für unser Land:

Ökonomische Schwäche. Unsere Angewohnheit des Überkonsums hat zu Verschuldung, Pleitenrekorden und der niedrigsten Sparquote in der gesamten industrialisierten Welt geführt. In den USA fehlt uns das Geld, in die Infrastruktur zu investieren, in die Erziehung, in die Zukunft.
Die Exzesse der Einzelnen ermutigen zu institutionalisiertem Missbrauch. Die "Je-mehr-desto-besser-Mentalität" führt uns dazu, Kriege ums Öl zu führen und zu tolerieren, dass die Konzernpraktiken verschwenderisch, umweltzerstörend und unethisch sind. Es gelingt uns nicht zu unseren Kindern "nein" zu sagen, wenn sie einen Nintendo wollen, oder zu uns selbst, wenn wir diese vielen kleinen praktischen Dinge wollen, wie also können wir von unserer Regierung erwarten, dass sie "nein" sagt zur Nettoneuverschuldung, oder von den Konzernen, dass sie "nein" sagen zu exorbitan-ten Spitzengehältern?
Überkonsum ist eine Katastrophe für die Menschlichkeit:

Ein unerreichbarer und nicht nachhaltiger Lebensstil für die Weltgemeinschaft herausbil-den. Die Erde kann nicht jeden auf die Art versorgen, wie es sich die Amerikaner ange-wöhnt haben. Wir müssen einen Weg finden, unsere Exzesse zu begrenzen und gleichzeitig unsere Lebensqualität beizubehalten oder zu verbessern, während wir die Menschen der Welt mit unserem besten Wissen und Techno-logie versorgen, so dass auch sie einen nachhaltigen Lebenserwerb und Lebensstil erhalten.

Überkonsum ist eine Katastrophe für die Erde:

Umweltzerstörung. Überkonsum beschleunigt das Verschwinden von Tier- und Pflanzenarten, Luft- und Wasserverschmutzung, den Treibhauseffekt und die Anhäufung von Haus- und Giftmüll. Ressourcenerschöpfung. Überkonsum bedeutet, dass wir erneuerte Ressourcen schneller verbrauchen als sie erzeugt werden können. 20 % allen Grundwassers, das wir jährlich verbrauchen, wird nicht ersetzt. 250.000 ha Ackerland werden jährlich der Erosion überlassen. 90 % aller ursprünglichen nordamerikanischen Wälder sind zerstört.

Umkehr ist machbar! Strategien, den Überkonsum zu beenden

Das Schweigen brechen

Es ist an der Zeit, über unseren Konsum zu reden und der Schweigeverschwörung entge-genzutreten. Wir können kein Problem lösen, das wir verdrängen. Fordere dich selbst heraus. Fordere andere heraus. Riskiere, unbequem zu sein. Riskiere, andere anzugreifen. Frage so: Beim Weltgipfel 1992 weigerten sich die USA über Konsum zu reden; die Begründung war, dass ein Land wie das unsere seinen Bürgern keine Vorschriften machen könne, welchen Lebensstil und welche Konsummuster sie haben sollten. Bei der Weltbevölkerungskonferenz 1994 in Kairo bestätigten die USA zumin-dest, dass unser Konsum zurückgefahren wer-den müsse. Die Tür ist offen. Sprich weiter. Und fahre fort zu sprechen.

Neue Spielregeln machen

Geld sparen - sich etwas zurücklegen - sparen für die sieben mageren Jahre - ist dein Leben rezessionssicher? - kümmere dich um deine Altersvorsorge, unabhängig von unsicheren Pensionskassen und veränderlichen Rentenformeln - Nutzen für dich und für den Planeten. Geh dein Leben geruhsamer an und du brauchst weniger.

Genügsamkeit ist kein Verlust. Verlust ist es, wenn man seine Zeit und seine Fähigkeiten in den Job steckt und dabei die eigene Gesundheit und die Personen, die man liebt, vernachlässigt. Armut ist mehr zu wollen als man hat. Reichtum ist mehr zu haben als man sich wünscht. Durch solches denken wird Überkonsum schwachköpfig und Genügsamkeit smart. (Das ist einfach, weil´s wahr ist.)

Entlarve die Mythen

Mythos: Lebensstandard heißt Lebensqualität. Wenn wir genug zum Leben haben und Kom-fort haben, leidet die Lebensqualität, wenn wir uns weiter auf die Anhäufung von Sachen fixieren. Untersuchungen zeigen, dass gute persönliche Beziehungen, sinnvolle Arbeit und stärkende Muße die entscheidenden Bestandtei-le der Lebensqualität sind.

Mythos: Überkonsum ist natürlich. Nein, ist er nicht. Er setzte erst in diesem Jahrhundert als eine bewusste Strategie von Teilen der Wirtschaft, der Medien und der Regierung ein, um die Menschen dazu zu bringen, zu wollen, was sie nicht brauchen, um die Märkte für amerika-nische Produkte wachsen zu lassen. Überkon-sum heißt, dein Leben zu verkaufen und Hypotheken auf deine Zukunft aufzunehmen, damit die Wirtschaft wachsen kann. Nein, so etwas ist unnatürlich.

Mythos: Unsere Wirtschaft ist abhängig vom Überkonsum. Anerkannte Wirt-schaftsbeobachter wie Lester Thurow vom M.I.T., Charles Schultz vom Brooking Institute und Alfred E. Kahn von Corell behaupten alle, dass die wirtschaftliche Gesundung in den 90er Jahren unter zu großem Konsum und einer zu geringen Sparquote leidet.

Mythos:  Regierungsprogramme, völlig neue Geschäftspraktiken oder neue Technologien werden's schon richten. Ökosteuer! Erneuerbare Energie! 3-Liter-Auto! Saubere Industrie! Besser leben durch Chemie! Mag alles seinen Sinn haben, aber nicht einmal alle zusammen reichen aus. Eine nachhaltige Zukunft zu schaffen benötigt eine neue Art zu denken. Wir müssen unser Verlangen überprüfen, unsere Wahrnehmung ändern und eine neue Ethik entwickeln. Nur so können die größeren Zusammenhänge, innerhalb derer wir uns bewegen, transformiert werden.

Mythos: Einer allein kann nichts ändern. Es gibt keine anderen. Wir sind die einzigen, eine Gesellschaft von Individuen, die individuelle und kollektive Entscheidungen trifft. Gesetzge-ber, Konzerne und Konsumenten bestehen alle aus Menschen, die ihre Ansichten ändern können, unabhängig davon, was sie gestern taten.

Lebe nachhaltig.

Jeder von uns hat das Mandat moderat zu konsumieren. Frage dich jetzt und jeden Tag: "Wieviel ist genug?"

Aufruf zum Handeln

Der Wechsel von Exzess zum Gleichgewicht steht auf der Tagesordnung. Nach Angaben des Trend Research Institute in Rhinebeck ist "freiwillige Einfachheit" einer der Top-10-Trends der neunziger Jahre. In New York verkaufen sich derzeit am besten Bücher zu Themen wie "Schulden reduzieren", "Geld sparen" und "weniger arbeiten". Stiftungen gründen Projekte, das Thema Konsum zu erforschen und Auswege aufzuzeigen. Leute nehmen ihr Leben wieder selbst in die Hand.

Der anpackende amerikanische Charakter hat schon frühere Herausforderungen angenommen. Wann immer uns die Wissenschaft ge-warnt hat: vor Bewegungsarmut, Rauchen oder Cholesterin - wir antworteten mit Änderungen unseres Lebensstils. Der Auftrag, den Konsum zu reduzieren, kann in unserem Land ähnliche Energien freisetzen, diesmal in einer finanziellen Fitnesskampagne. Lasst uns den American Way of Life ändern und den Weg zu einer nachhaltigen Zukunft pflastern.

Vicki Robin, Präsident der New Map Road Foundation vor den Vereinten Nationen; Übersetzung: LL

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