Vegetarismus und Religion/Ethik

Nadja Kuhn hat in der Konditor-Confiseur-Klasse an der Gewerblich-industriellen Berufsschule Winterthur eine Abschlussarbeit über Vegetarismus geschrieben. Wir dokumentieren diese in Auszügen, in denen sie sich mit Vegetarismus in Verbindung mit Religion und Ethik befasst.

Religion
Es kann sicherlich keine religiöse Handlung sein, Tiere grausam zu quälen nur eines kulinarischen Genusses wegen.

Christentum
Die ursprünglichen Christen, die weiterhin strikte nach Jesu Geboten der Einfachheit und Enthaltsamkeit lebten, verzichteten auf Fleisch.

Der älteste Kirchenschriftsteller Tertullian teilte um das Jahr 200 die Christen in zwei Gruppen: Die wahren Christen, die sich des Fleisches enthalten, und die "Leiber ohne Seelen", welche Fleisch essen. In seinen Schriften behandelt er im urchristlichen Sinne praktische Fragen des Gemeindelebens. Diese Tradition des Urchristentums wird fortgeführt in Berichten und Lehren der großen Kirchenväter und Kirchenschriftsteller. Stellvertretend für sie alle ein Zitat des heiligen Hieronymus (347- 419), dem kenntnisreich-sten und fruchtbarsten aller lateinischen Kirchenväter: "Der Genuss von Tierfleisch war bis zur Sintflut verboten; seit der Sintflut aber gibt man uns die Nerven und den stinkenden Saft des Fleisches unter die Zähne, gleich wie man dem murrenden Volk in der Wüste Wachteln vorwarf. Jesus Christus, der am Ende der Tage gekommen ist, hat das Ende an den Anfang zurückgeführt, so dass es uns heute nicht mehr gestattet ist, Fleisch zu essen."
Wie der Apostel Paulus sagt (Römer 14.21): Es ist besser, du äßest kein Fleisch und trinkest keinen Wein.
Im Jahre 325 n. Chr. wurden bei der Gründung der Kirchen viele Bücher verbrannt. Die Bibel wurde vom römischen Kaiser zusammengestellt. Er durfte herausstreichen was er wollte, dafür musste er die Christen in Ruhe lassen. Dies war ein Abkommen zwischen ihm und den Gläubigen. Der Papst selber war bei der Kirchengründung nicht dabei. Die Vatikanische Bibliothek ist jetzt noch eine Fundgrube, was die Bibel betrifft.
Im Mittelalter verkündete Thomas von Aquin (1225 - 1274) das Töten der Tiere sei erlaubt, da die Tiere keine Seele hätten. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass er auch sagte, Frauen hätten keine Seele.

Ursprüngliche Anweisung Gottes

Und Gott sprach: "Hiermit übergebe ich euch alle Pflanzen auf der ganzen Erde, die Samen tragen, und alle Bäume mit samenhaltigen Früchten. Euch sollen sie zur Nahrung dienen." (Genesis 1.29).
Das fünfte der Zehn Gebote des Moses lautet: " Du sollst nicht töten!" Diese eindeutige Anweisung Gottes sollte einem ernsthaften Christen eigentlich schon genügen, um mit dem Tiertöten und dem Fleischessen aufzuhören.

Judentum

Nicht nur die urchristlichen Kirchenväter der ersten Jahrhunderte nahmen strikte kein Fleisch zu sich, sondern auch viele jüdische Mönchsorden vor und während Jesu Lebzeit (z.B. Essener, Nazaräer). Für sie alle war Vegetarismus die Grundlage eines gottbewussten Lebens.
In den jüdischen Schriften und im Alten Testament ist es strikte verboten, "Fleisch mit Blut" zu essen. So konsumieren sie koscheres Fleisch von geschächteten Tieren, das heißt, sie schneiden den Tieren bei lebendigem Leibe die Kehle auf und lassen sie verbluten.

Islam

Im Sufismus, einem bekannten asketisch-mystischen Zweig des Islams, gilt die Abstinenz von Fleisch und Alkohol als Voraussetzung zur Verinnerlichung des Geistes und zur ekstatischen Gottesschau.
Der Prophet Mohammed ernährte sich vegetarisch.

Buddhismus

Buddha führte Gewaltlosigkeit und Vegetarismus als einen der fünf fundamentalen Schritte auf dem Weg zur Selbsterkenntnis ein. Auch der Dalai Lama schloss sich dem an; er sieht keinen Grund, warum man Tiere schlachten und deren Fleisch essen soll, da man doch so viel anderes essen kann.

Hinduismus

Hinduismus ist der moderne Sammelbegriff für die zahlreichen aus Indien stammenden Philosophien und Glaubensströmungen. Sie hatten klare Anweisungen bezüglich des Fleischessens: Fleisch kann man sich nicht verschaffen, ohne anderen Lebewesen Gewalt anzutun. Deshalb soll man den Verzehr von Fleisch vermeiden. Es wird auch erwähnt: Bedenkt man die abscheuliche Herkunft von Fleisch und die Grausamkeit, welche die Gefangenschaft und das Schlachten verkörperter Wesen mit sich bringt, dann soll man sich des Fleischessens völlig enthalten.

Ethik

Haben wir das Recht, Tiere zu töten?!

Die Einstellung, die wir im Kindesalter gegenüber Tieren entwickeln, begleitet uns meist für den Rest des Lebens.

Mehr als 87 % der Gewaltverbrecher haben im Kindesalter Tiere verbrannt, erhängt oder erstochen. Auch wurde beobachtet, dass wir Mitmenschen gleich behandeln wie unsere Tiere.

Die Zeit der Bauernhöfe ist vorbei. Es gibt kaum mehr Auslauf in der heutigen mechanischen Welt der Schlachttierproduktionen, nur noch Fließbänder, Förderbänder und fluoreszierendes Licht. Es sind diese Fabriken, in denen diese stolzen und empfindsamen Kreaturen wie reine Ware behandelt werden. Ihre Wesenskreatur bleibt völlig unbeachtet, ohne jegliche Spur von Mitgefühl oder Güte angesichts der Tatsache, dass sie lebende und atmende Tiere sind.

In diesen Fabriken werden den Tieren systematisch alle Möglichkeiten der Äußerung ihrer natürlichen Bedürfnisse entzogen.

Die wenigsten von uns wären in der Lage, die alltäglichen  Szenen wie schreiende und zuckende Tiere in unseren Schlachthäusern mit anzusehen. Noch weniger könnten wir beim Schlachtvorgang dabei sein. Oder könnten wir gar die Tiere selbst töten, die wir täglich essen? Wir können sie nur genießen, weil diese Brutalität im Verborgenen stattfindet.

Das Essen von Fleisch ist für den Menschen weder notwendig noch gesund, oder wirtschaftlich vertretbar. Woher also nehmen wir uns das Recht, andere Lebewesen auszubeuten und ihnen ein schreckerfülltes Ende zu bereiten, nur um Fleisch zu essen, mit der Begründung, dass es uns schmeckt und das wir Lust dazu haben? Und ist diese Lust wirklich so groß? Welchen Weg würdest du wählen: Den Gang durch einen duftenden Obst- und Gemüsegarten oder lieber den Gang durch ein Schlachthaus mit einem Geruch nach frischem Blut und Todesschreien der Tiere? Wohin zieht dich dein Instinkt?

Auch können wir das Fleisch, welches wir so gerne essen nicht roh genießen. Zuerst müssen wir es behandeln (trocknen, braten, kochen, würzen usw.) damit es schmeckt. Unser natürlicher Instinkt wird also irritiert, damit es essbar wird.

Sollten wir kein Mitgefühl für Schlachttiere empfinden, bloß weil sie in einer anderen Sinneswelt leben oder weil ihre Schreie uns nicht erreichen?

Würden wir uns alle ernsthafter um den Vorgang des Tötens dieser fühlenden, atmenden und pulsierenden Lebewesen kümmern, nur damit wir ein Kotelett verspeisen können, gäbe es viel mehr Vegetarier.


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